
Marx Engels aktuell
Viele sagen, Marx und Engels – geboren zum Beginn des 19. Jahrhunderts – wären nicht mehr aktuell, weil die Zeiten eben heute ganz andere sein. Sie irren. Natürlich kannten beide noch keine Computer und hätten gestaunt über die Erfolge der Raumfahrt. Das, was sie schrieben, ist aber nicht nur wegen ihrer Methode, alles kritisch zu hinterfragen, von bleibendem Wert. Viele ihrer Äußerungen helfen uns heute Lebenden, die moderne Welt besser zu verstehen. Dem soll diese kleine Serie „Marx und Engels aktuell“ dienen. In ihr spiegelt eines unserer Mitglieder einmal im Monat aktuelle Ereignisse an Aussagen der beiden Begründer des wissenschaftlichen Sozialismus.Marx und Engels haben die Geburt des deutschen Parlamentarismus ohne die heutige Aufgeblasenheit begleitet
Mit ziemlichem Getöse und Selbstbeweihräucherung hat die politische Spitze des deutschen Staates des Zusammentretens der deutschen Nationalversammlung in Frankfurt vor 175 Jahren gedacht. Die dort zelebrierte gegenseitige Schulterklopferei ist der Bevölkerung weitgehend am Hintern vorbeigegangen - die Vertrauen in den Berliner Politikbetrieb ist, wie das „Institut für Demoskopie“ in der FAZ am 19.Mai berichtete, „begrenzt. Nur zehn Prozent haben großes, 29 Prozent überhaupt kein Vertrauen.“
Das liegt an der Grundkonstruktion des bürgerlichen Parlamentarismus, der die Klassenherrschaft des Kapitals vor allem verhüllen soll, niemals aber gefährden darf. Die Mehrheit der Bevölkerung ahnt das mindestens und ist nicht davon abzubringen, dass die Wahrheit der prokamierten Demokratie im kapitalistischen Alltag liegt.
Weiterlesen: "... lächerlich... und dabei so erfüllt von ihrer eigenen Wichtigkeit..."
Bis in unsere Provinzpresse hinein reichte das Beben, das der Erfolg der „Kommunistischen Partei Österreich plus“ bei den Landtagswahlen im Bundesland Salzburg am 23. April 2023 auslöste. Mit 11,7 Prozent der Wählerstimmen zogen die Kommunistinnen und Kommunisten in den dortigen Landtag ein. Reichlich konsterniert stellte die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ (FAZ) am 25. April fest: „Damit ist Salzburg bereits das zweite tiefrote Einsprengsel in Österreich, neben der Steiermark mit ihrer Hauptstadt Graz unter KPÖ-Bürgermeisterin Elke Kahr.“ Das „Göttinger Tageblatt“ vermerkte am selben Tag irritiert: „Die Bilder am Sonntagabend aus dem Salzburger Musikclub Jazzit zeigen sehr viele lauthals jubelnde Menschen. Auffällig ist, wie jung die allermeisten von ihnen sind. Doch hier ist keine Clubparty, es feiern die Kommunisten ihren Wahlerfolg im österreichischen Bundesland Salzburg. Das ist die Sensation dieser Landtagswahl: Die Kommunistische Partei Österreichs (KPÖ) kommt wie aus dem Nichts auf 11,7 Prozent der Stimmen. 2018 waren es noch typische 0,4 Prozent. In der Stadt Salzburg mit ihren 160 000 Einwohnerinnen und Einwohnern erreicht die als KPÖ plus angetretene Gruppe gar knapp 22 Prozent und liegt dort auf Platz zwei, nur 2,5 Punkte hinter der konservativen ÖVP. Seit 1949 ist die KPÖ damit erstmals wieder im Salzburger Landtag vertreten, und das mit gleich vier Parlamentariern. Wie kann das sein?
Weiterlesen: „Dass der heutige Staat der Wohnungsplage weder abhelfen kann noch will…“
Die Entstehung und Bedeutung der „Grundrisse der Kritik der Politischen Ökonomie“
Der April 1858 – also in diesem Monat vor 165 Jahren – ist für Karl Marx in London kein guter Monat. Nachdem ihm die Niederlage der 48er-Revolution ins Exil nach London verschlagen hatte, fristet er dort ein karges Dasein, finanziell unterstützt vor allem durch seinen in Manchester in der Textilfabrik seines Vaters arbeitenden Freund Friedrich Engels. Seit 1850 betreibt Marx, Stunden, Tage und Nächte in der „British Library“ verbringend, intensive ökonomische Studien. Als 1857 erneut eine tiefe ökonomische Krise ausbricht, in deren Folge sowohl Engels als auch er ähnlich wie zehn Jahre zuvor eine elementare politische Erhebung erwarten, intensiviert der damals knapp 40jährige Familienvater diese angestrengte Arbeit. Hauptsächlich in den Nachtstunden schrieb er von Oktober 1857 bis März 1858 das nieder, das zwar in Teilen, aber in seiner Gänze erst lange nach seinem Tod – in den Jahren 1939 bis 1941 - das Licht der Welt erblickte: Die „Grundrisse der Kritik der Politischen Ökonomie“. Sie bilden das Fundament des später erschienen weltberühmt gewordenen Buches „Das Kapital“.
175 Jahre „Manifest der Kommunistischen Partei“
Wichtige Bücher hinterlassen ihre Spuren in der Geschichte auf vielfache Weise. Als in diesem Februar die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) ihre Entschlossenheit bekräftigte, für eine Lohnerhöhung von 12 Prozent, mindestens aber 650 Euro zu kämpfen, druckte sie auf eines ihrer Plakate den Satz „Eisenbahner:innen aller Bahnen, vereinigt Euch!“.
Vor jetzt 175 Jahren erschien in einer Auflage von tausend Exemplaren in London die erste Ausgabe des Manifests der Kommunistischen Partei - um den internationalen Anspruch der Bewegung deutlich zu machen in sechs Sprachen zugleich. Auf dem Titelblatt der Erstausgabe prankte der gleichzeitig letzte Satz des Textes: „Proletarier aller Länder vereinigt Euch!“. Ob die EVG sich dessen nun bewusst ist oder nicht – die veränderte Hereinnahme dieses berühmten Satzes in die laufenden Tarifauseinandersetzungen ist ein Geburtstagsgeschenk, über das sich Karl Marx und Friedrich Engels gefreut hätten.